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Gemischte Gefühle beim Ausblick in die Zukunft

Die Wertheimer Ortsgruppe des NABU hatte anlässlich ihres ersten Monatstreffens 2025 im Ross in Vockenrot zu einem Vortrag geladen über das Thema „Zukunft – Wie geht es weiter mit der Gemeinschaft des Lebens auf diesem Planeten?“

Im überfüllten Versammlungsraum drängten sich ca. 50 Zuhörer, um den Ausführungen des Wertheimer Physikers Dr. Falk Braunschweig zu folgen, der einleitend an die ursprüngliche Definition des Begriffs „Nachhaltigkeit“ des Forstexperten Hans Carl von Carlowitz erinnerte und die heute meist völlig sinnentleerte Verwendung dieses Begriffs anprangerte. Die täglich auf uns einprasselnden schlechten Nachrichten über den Zustand der Welt untermauerte der Vortragende mit der Entwicklung von 24 Indikatoren menschlicher Aktivitäten, wie z. B. der Energienutzung. Dargestelltim Zeitraum der letzten 260 Jahre weisen alle, nach nur wenig Änderung über fast 200 Jahre, in den letzten 70 Jahren einen rasanten Anstieg auf, ähnlich der Form eines Hockey-Schlägers. Für diese dramatischen Entwicklungen wurde vom Welt-Wirtschafts-Forum der Begriff Polykrise geprägt. Als Folge des „immer mehr“ ist diese gekennzeichnet durch denraschen Zerfall von Umwelt- und Sozialsystemen, von der Erderwärmung bis zu den Auswirkungen der KünstlichenIntelligenz.

Galaktischer Energiebedarf

Der gängigen Wirtschaftsideologie „Wohlstand gleich Wachstum“ stellte der Redner die physikalische Tatsache entgegen, dass es auf einem endlichen Planeten kein unbegrenztes Wachstum geben könne. Da Wirtschaftswachstum immer mit höherem Energieverbrauch einhergeht, führt stetiges „gesundes“ Wachstum von beispielsweise 2,3 % dazu, dass nach nur 2500 Jahren die Energie aller Sterne der Milchstraße von der Menschheit benötigt würde. Der Energiehunger unserer immer noch weitgehend von fossilen Brennstoffen angetriebenen modernen Zivilisation ist millionenfach zu hoch und treibt damit die Polykrise an. Eher wäre Bescheidenheit angebracht. Dazu demonstrierte der Vortragende die Winzigkeit des Menschen in Raum und Zeit und zeigte am Beispiel der Amöbe die enge Verwandtschaft und Abhängigkeit des Menschen von der Gemeinschaft des Lebens.

Aufwärtstrend nur beim Menschen

Die Evolution hat etwa zehn Millionen heute lebende Arten hervorgebracht, von denen täglich ca. 380 Arten durch menschliche Aktivitäten aussterben. An Menschen, Säugetieren und Insekten zeigte der Vortrag die zeitliche Entwicklung der Populationen. Die Bevölkerungskurve des Menschen zeigt den typischen Hockeyschläger-Verlauf mit einer Verachtfachung in den letzten 200 Jahren. Das hat dazu geführt, dass heute die wildlebenden Säugetiere nur noch eine Randerscheinung sind. 96 % der Säugetiere sind Menschen und ihre Nutz- und Haustiere. Bei den Insekten, die der Mensch gerne als Ungeziefer bezeichnet und die er mit Fliegenklatsche und Gift bekämpft, ist die Datenlage zur Artenvielfalt sehr lückenhaft. Dennoch zeigen alle Bestandskurven nach unten, mit der Tendenz, bis 2050 bei Null anzukommen. Bei den vielfältigen Diensten, die Insekten für den Menschen leisten, eine beunruhigende Entwicklung.

Die Säge am Ast auf dem wir stehen

Die Gründe für das Artensterben sind vielfältig: Die Veränderung, Fragmentierung und der Verlust von Lebensraum, die Verschmutzung und Vermüllung der Erde, der Klimawandel und die Überstrapazierung der Ressourcen. Kurz gefasst: Die Moderne, d.h. unsere Art zu leben und zu wirtschaften, ist nicht vereinbar mit der Gemeinschaft des Lebendigen. Es ist eine metastasierende Krebserkrankung der weltweiten Ökosysteme, deren Ziel die Vernichtung des Wirtsorganismus ist. Der Vortrag endete mit einem Plädoyer dafür, bei Entscheidungen statt finanzieller Erwägungen ein gesundes Ökosystem an die erste Stelle der Überlegungen zu stellen.

Nach einer lebhaften Frage- und Diskussionsrunde dankte der Vorsitzende des NABU Wertheim, Ekkehardt Ebert, dem Redner und überreichte ihm ein Präsent.

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